Über George Washington, dem ersten Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, erzählt man sich die folgende Geschichte in Sachen Führungsqualitäten:
Während eines Ausritts mit seinen Freunden, kam George an einer Grundstücksmauer vorbei. Alle Reiter waren erfahren genug, um die Mauer mit ihren Pferden zu überbinden. Doch einige der Tiere stießen beim Sprung mit ihren Hufen ein paar Steine von der Mauer.
George bemerkte das und machte seine Freunde darauf aufmerksam: „Wir sollten die Steine lieber wieder an ihren ursprünglichen Platz legen und die Mauer so hinterlassen, wie wir sie vorfanden.“ Doch seine Freunde erwiderten: „Ach was, George, lass das die Bauern machen.“
Dies fühlte sich für George nicht richtig an, sodass er, nachdem der Reitausflug zu Ende war, zu der Mauer zurückkehrte, um die Steine an ihren ursprünglichen Platz zu legen. Als seine Begleiter das bemerkten, sprachen sie ihn verwundert an: „George, was machst du da, du bist zu groß, um dich mit derart kleinen Dingen zu beschäftigen.“ Woraufhin er erwiderte: „Ich finde, dass ich genau die richtige Größe für diese Aufgabe habe.“
George Washington war kein Mann ohne Fehler. So erbte er bereits im Alter von elf Jahren versklavte Menschen, die ihm sein Vater neben der 280 Hektar großen Familienfarm in der Nähe von Fredericksburg (Virginia) nach seinem Tod hinterließ. Mehrere Monate vor seinem eigenen Tod hinterließ George in seinem Testament jedoch die Anweisung, diese Menschen nach seinem Tod freizulassen, was dann auch so kam. Darüber hinaus legte er fest, dass ältere, versklavte oder zu kranke Menschen auf Dauer von seinem Vermögen unterstützt werden sollten.
Warum er das nicht schon vorher veranlasste, ist im Nachgang schwierig zu sagen. Vor allem wenn derjenige vor gut 200 Jahren lebte. Was man jedoch machen kann, ist sich die Teile eines Menschen herauszunehmen, die man bewundert, um diese dann selbst zu übernehmen. Was mich in die frühe Vergangenheit und zu Netflix-Gründer Reed Hastings führt.
Als Reed selbst noch ein junger Softwareentwickler war, arbeitete er rund um die Uhr. Er liebte es. Um vier Uhr morgens war er bereits im Büro und haute in die Tasten seiner Tastatur. Dabei trank er Unmengen an Kaffee. Im Laufe einer Woche stapelten sich dann die gebrauchten Kaffeebecher um seinen Arbeitsplatz. Und jede Woche wurde sie von einer Putzfrau weggeräumt und in einer kleinen Kaffeeküche per Hand abgewaschen, so dachte Reed jedenfalls.
Eines morgens war er jedoch deutlich vor seiner üblichen Zeit im Büro. Und als er an der Kaffeeküche vorbeging, sah er dort seinen CEO die Kaffeetassen abwaschen. Es stellte sich heraus, dass es der CEO war, der all die Jahre die gebrauchten Tassen von Reed abgewaschen hatte.
Als Reed ihn darauf ansprach, warum er das tat, er sei doch viel zu „groß“ dafür, erwiderte dieser: „Du tust so viel für uns. Und das ist die eine Sache, die ich für dich tun kann.“ Das prägte Reed für sein ganzes restliches Leben. „Ich wäre ihm bis ans Ende der Welt gefolgt“, berichtet Reed später immer wieder in Interviews.
Was man sich mitnehmen kann:
- Ein großer Thron macht noch lange keinen großen König aus dir.
- Es geht nicht um uns, es geht um die Menschen in unserem Einflussbereich.
- Diese wollen eine menschliche Erfahrung machen und nicht als Human Resources behandelt werden.
- Und es sind die kleinen Dinge, die in Wirklichkeit groß sind.
(Titelbild: Thomas Dick)
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