Im Nachgang zu meinem Vortrag „Führungskräfte von morgen“ auf der DIGICON24 kam aus der Community häufiger die Frage, wie man Menschen für etwas Neues begeistern kann. Vor dem Hintergrund der zahlreichen Herausforderungen (Digitalisierung, Dekarbonisierung, Demografie …) in unserem Land und dem damit verbundenen Wandel unserer Unternehmen, ist das eine wichtige Frage. Im Grunde weiß jeder, dass der Wandel sein muss, aber keiner möchte den Wandel im eigenen Unternehmen haben.
Auf die Frage, wie man Menschen für etwas Neues begeistern kann, möchte ich mit meiner Lieblingsmethode antworten. Und dafür bemühe ich einen meiner Lieblingsfilme: Le Mans 66 – Gegen jede Chance.
In dem Film geht es darum, dass die eingestaubte Ford Motor Company ihr Image für die jüngere Zielgruppe aufpolieren möchte. Zwar bringt das Unternehmen in den 1960er Jahren neue, sportliche Modelle auf den Markt, doch die jungen Leute verbinden mit der Marke nicht den wilden Lebensstil.
Aus diesem Grund geht Henry Ford II mit Autotuner Carroll Shelby eine Kooperation ein, um ein Auto zu entwickeln, das den Autos von Ferrari gewachsen ist. Der Rennstall Ferrari war damals nämlich der unangefochtene Sieger des 24-Stunden-Rennens von Le Mans. Die Idee: Ein Sieg in Le Mans würde Ford wieder sexy machen.
Doch obwohl Ford 9 Millionen US-Dollar in die Entwicklung des legendären Ford GT40 steckt, bleibt der Erfolg zunächst aus. Unter anderem, weil die Verantwortlichen bei Ford Rennfahrer bestimmen, die nicht in der Lage sind, alles aus dem Fahrzeug herauszuholen. Während dessen versucht Carroll Shelby alles, um Henry Ford II von Ken Miles als Fahrer zu überzeugen, doch ohne Erfolg.
Die Situation spitzt sich schließlich mit einem Überraschungsbesuch von Ford und seiner Führungsriege bei Shelby American Inc. zu. Shelby, gespielt von Matt Damon, gelingt es, Ford (Tracy Letts) für eine Testfahrt im GT40 zu gewinnen. Beim Einsteigen glaubt Ford noch, dass er weiß, was da auf ihn zukommt. Doch als Shelby das Gaspedal durchdrückt, gehen mit Ford die Emotionen durch. Die brachiale Beschleunigung und die Direktheit des Autos sowie der schnelle Spurwechsel verlangen ihm alles ab. Die Testfahrt endet mit den Worten vom völlig aufgelösten Ford: „I had no idea.“
Letztlich gelingt es Shelby Ford davon zu überzeugen, dass Ken Miles der Richtige ist, um alles aus dem Fahrzeug herauszuholen. Und Ford gewinnt vier Jahre in Folge. Der beschriebene Filmausschnitt lässt sich hier anschauen: Henry Ford II Test Drive GT40
Die Methode
Shelby machte sich ein Referenzerlebnis zu Nutze, um Ford für eine neue Idee zu öffnen. Man muss sich die gefestigte Meinung eines Menschen im Grunde wie einen Tisch vorstellen. Dabei repräsentiert die Tischplatte die Meinung und die Tischbeine sind die Referenzerlebnisse, die diese Meinung stützen. Das können persönliche Erlebnisse oder auch von anderen Menschen übermittelte Erlebnisse sein. In jedem Fall, je mehr Tischbeine da sind, desto stabiler steht der Tisch auch.
Wenn man nun eine alte Meinung durch eine neue austauschen möchte, braucht man Referenzerlebnisse, die die neue Meinung stützen. Und die Referenzerlebnisse sind am wirkungsvollsten, wenn die betroffene Person sie selbst macht.
Das hängt damit zusammen, wie wir unsere Entscheidungen treffen. Wir Menschen treffen unsere Entscheidungen nämlich in erster Linie emotional und versuchen sie anschließend rational zu begründen, sodass sie für uns logisch erscheinen und sich gut anfühlen. Glaubenssätze, Werte und Referenzerlebnisse spielen bei diesem Prozess eine große Rolle.
Dazu kommt, dass wir die Meinung eher von Menschen akzeptieren, die wir respektieren. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass man gleich am Anfang eines Wandels die relevanten Multiplikatoren identifiziert. Das sind Menschen, die offen für das Neue sind und gleichzeitig von der restlichen Belegschaft respektiert werden. Deren Worte und Handlungen haben bei den anderen Gewicht, könnte man sagen.
CEO Jim Collins hat dazu ein schönes Bild. Er erzählt, dass ein Unternehmen bei einem Change Prozess wie ein Bus ist, der sich aus dem Busdepot zu einem bestimmten Ziel aufmacht.
Die Frage ist nun, wer sitzt im Bus und wo sitzt derjenige. Wer klebt regelrecht an der Windschutzscheibe und kann es kaum erwarten, dass der Bus endlich losfährt? Das sind die Leute, die man braucht, um die Sache anzuschieben, um die anderen, in der Mitte, zu gewinnen und die Verweigerer ganz hinten im Bus an der Sabotage zu hindern.
Die meisten Menschen sind nämlich nicht bereit, ihre einst getroffene Meinung zu hinterfragen. Aber sie sind in der Lage eine neue Meinung zuzulassen, wenn es für sie persönlich wird.
(Titelbild: Thomas Dick)
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