Als Eltern kennt man das: Es gibt Situationen in der Kindererziehung, in denen man sich einfach nicht mehr zu helfen weiß und laut wird. Eine solche Situation hatte ich neulich mit meinem sechsjährigen Sohn.
Unwichtig, um was es dabei ging. Viel interessanter war seine Reaktion: „Papa, das ist aber keine gute Erziehung. Wenn du so laut wirst, dann werde ich später auch laut mit meinen Kindern werden.“
Wie ein Blitz schoss mir die Tragweite dieses Gedankens durch den Kopf. Natürlich wird er später laut werden mit seinen Kindern, wenn ich ihm diese Methode für die Lösung von Konflikten vorlebe. Und er wird diese Methode nicht nur bei seinen Kindern anwenden, sondern auch bei Erwachsenen, mit denen er eine Meinungsverschiedenheit hat.
Seine Worte brachten mich zum Nachdenken und sensibilisierten mich für die Momente, in denen ich mir nicht sofort zu helfen weiß, außer mit meiner Stimme als Meinungsverstärker.
Aber sie führten mir auch etwas anderes vor Augen, und zwar meine Rolle als Führungsvorbild für meinen Sohn. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Kinder in ihren ersten Lebensjahren alles aufsagen wie ein Schwamm. Diese Erfahrungen prägen sie dann ihr ganzes Leben. Und deshalb ist es entscheidend, was wir ihnen mitgeben.
Doch unsere Führungsrolle geht weit über unsere Kinder hinaus. Sie betrifft auch unser Umfeld. Ich bin der Meinung, dass jeder von uns eine Führungskraft ist. Und dass jeder von uns Einfluss auf sein Umfeld hat. Damit sind wir auch in der Lage unser Umfeld entsprechend zu gestalten, indem wir Menschen anziehen, die so denken wie wir.
Es gibt da so ein Sprichwort, dass die natürliche Neigung von uns Menschen, sich mit anderen Menschen zu umgeben, die uns ähneln, auf den Punkt bringt: Gleich und Gleich gesellt sich gern. Welch weitreichende Konsequenzen dies für Organisationen haben kann, das zeigt der Fall Goldman Sachs.
Als Marcus Goldman und Samuel Sachs 1869 die Bank Goldman Sachs gründeten, hatten sie eine Vision. Goldman Sachs sollte die erste Anlaufstelle für Unternehmen in Sachen Finanzierung & Co. sein. Über 120 Jahre war Goldman Sachs ein Garant für Professionalität und hochwertige Beratung. Und wenn mal ein Geschäft aufgrund ihrer Beratung platzte, dann bekannte sich die Bank dazu. Der Erfolg ihrer Kunden war auch ihr Erfolg. Entsprechend hielten es Marcus und Samuel auch mit dem Misserfolg. Ihre Reputation war ihnen wichtiger als der kurzfristige Profit.
Doch ab den 1990er Jahren veränderten sich die Werte der Bank. Den Grund dafür waren insbesondere drei CEOs, die die ursprünglichen Führungsansichten und die langfristige Perspektive der Gründer nicht teilten. Lloyd Blankfein, David Solomon und Hank Paulson hatten nämlich nur ihren eigenen kurzfristigen Profit im Sinn. Sie etablierten eine Kultur im Unternehmen, die Menschen anzog, die genauso dachten wie sie.
Nach der Lehman Pleite 2008 sank die Unternehmenskultur und damit auch der Ruf von Goldman Sachs auf einen Tiefpunkt. Heute ist Goldman Sachs insbesondere als Investmentbank und die damit negativen Assoziationen bekannt.
Gleich und Gleich gesellt sich eben gern.
Was kann der Führungsstil beispielsweise für die Innovationskultur eines Unternehmens bedeuten?
Bist du als Führungskraft jemand, der Fehler unbedingt vermeiden will, weil dir deine eigene Haut am aller liebsten ist? Dann wirst du Menschen um dich scharren, die ebenfalls Fehler vermeiden wollen. Welchen Einfluss wird das auf die Innovationskultur deines Unternehmens, deiner Abteilung, deines Bereichs haben? So brauch es vor der Perspektive des schnellen Wandels Menschen, die bereit sind Dinge zu riskieren, ohne zu wissen, wie sie ausgehen. Jemand mit einer starken Fehler-Aversion, aus welchen Gründen auch immer, wird die benötigte Innovationskultur nicht etablieren können.
Kommentar schreiben