Es ist zwar noch etwas früh, um an Schnee zu denken, auch wenn in den Supermärkten bereits seit Anfang September Weihnachtsgebäck verkauft wird. Aber im Grunde ist es gar nicht so schlecht, wenn man ab und an etwas vorausläuft, um zu sehen, was einen erwarten könnte.
Auf den Gedanken gestoßen bin ich, als ich mein Bücherregal für den Umzug in unsere neue Wohnung vorbereitet habe. Ich nahm das Buch Das Leben ist wie ein Schneeball, eine Biografie von Alice Schroeder über den Jahrhundertinvestor Warren Buffett (vom Zeitungsjungen zum Milliardär) aus dem Regal und mir kam die Geschichte zu dem Buchtitel in den Sinn.
Für die Biografie interviewte Alice natürlich auch die Investorenlegende höchst persönlich, und bei einem dieser Interviews kam Warren darauf zu sprechen, dass das Leben wie ein Schneeball sei. Für ihn ist es so, als würde man nach der Geburt auf einem hohen schneebedeckten Gipfel stehen. Und während man so da oben steht und die Aussicht genießt, entscheidet man sich dazu einen Schneeball zu formen und ihn bis ins Tal zu rollen, um zu sehen, wie groß er werden kann.
Laut Warren ist es entscheidend, wann man den Schneeball formt. Je früher man das tut, desto größer wird er logischerweise, wenn man unten im Tal ankommt. Wenn man die Biografie von Warren liest, dann stellt man fest, dass er bereits sehr früh damit anfing seinen finanziellen Schneeball zu formen. Als Zeitungsjunge investierte er seine Gewinne unter anderem in Spielautomaten, die er z.B. in Friseursalons aufstellte. Während die Kunden darauf warteten die Haare geschnitten zu bekommen, vertrieben sie sich die Zeit am Spielautomaten. Später kam eine Farm dazu, die er verpachtete und dann letztlich ganze Unternehmen, die er aufkaufte wie z.B. den Süßigkeiten-Hersteller See´s Candies oder die Versicherung Geico. Heute umfasst seine Holding 89 Unternehmen.
Ohne Frage ist Warren ein Ausnahmeinvestor, doch man kann sich ein Bespiel an seiner Geschichte nehmen, selbst wenn man nicht vor hat ein Milliardär zu werden. Denn das Bild von dem Schneeball ist universell. Es geht darum etwas zu finden, für das man sich begeistert. Es geht darum die großen Dinge zu tun, während sie noch klein sind. Es geht darum früh anzufangen und positive Gewohnheiten zu entwickeln, die letztlich zum Erfolg führen. Ob das nun Vermögensaufbau, ein durchtrainierter Körper, zwischenmenschliche Beziehungen oder was auch immer ist, spielt dabei keine Rolle.
Auch ist die Perspektive interessant, die Warren vorschlägt. Während viele Geschichten sich um das Erklimmen eines Gipfels drehen, ist es für Warren genau andersherum. Diese Perspektive begegnete mir noch weit vor der Biografie über ihn. Als ich damals meine Ausbildung zum Elektroniker für Automatisierungstechnik anfing, setzte ich sie zwei Monate später aufs Spiel. Zusammen mit ein paar anderen baute ich großen Mist und bekam 100 Sozialstunden in einem Altersheim meiner Wahl als Quittung. Der Zweck dieser Sozialstunden war es, dass wir an unserer Sozialkompetenz arbeiten, indem wir hilfsbedürftige Menschen unterstützen. Rückblickend ist diese Erfahrung eine der wertvollsten, die ich bisher in meinem Leben machen durfte. Ich begriff, warum es so wichtig ist, möglichst weit oben den Schneeball zu formen.
Wenn du dich mit 80/90jährigen unterhältst, dann kommst du früher oder später an einen Punkt, an dem deinem Gegenüber Tränen über die Wangen laufen. Das ist der Punkt, an dem dein Gegenüber dir erzählt, was er/sie alles in ihrem Leben bereut: nie die Welt bereist zu haben, kein eigenes Unternehmen gegründet zu haben, nicht den Mut aufgebracht zu haben sich für andere einzusetzen, zu wenig Zeit mit der Familie verbracht zu haben, sich mit den Liebsten verkracht zu haben.
Und gleichzeitig ist diesen Menschen bitterlich klar, dass es mit 80/90 Jahren bereits zu spät ist all diese Dinge wieder grade zu biegen. Sie sind krank, nicht mehr mobil, auf andere angewiesen, nicht mehr Herr über ihren Geist, haben keinen Kontakt mehr zu ihren Liebsten. Es ist einfach zu spät.
Ich liebe Geschichten. Mit ihrer Hilfe lassen sich komplexe Sachverhalte einfach erklären, und zwar so, dass sie uns im Gedächtnis bleiben. Sie beschäftigen uns und haben die Kraft unser Leben zu verändern. Übrigens: Die ganze Geschichte, die mir verdeutlichte, warum es so wichtig ist, die großen Dinge zu tun, solange sie noch klein sind, kannst du in meinem neusten Buch Let´s Play – Inspiration für Menschen, die anderen Menschen dienen (Community Special Angebot) lesen.
(Titelbild: Canva generative KI)
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