Der erste Schritt

Am vergangenen Wochenende stellte ich fest, dass die Kiste, in der wir unser Altglas sammeln, bereits seit Wochen überfüllt sein musste, weil sich immer mehr Gläser und Flaschen rund um die Kiste sammelten. Einen kurzen Moment blieb ich unentschlossen vor der Kiste stehen, soll ich sie mitnehmen, soll ich sie stehenlassen? Verließ dann die Abstellkammer ohne die Kiste und machte die Tür hinter mir zu.

 

In der Küche traf ich meine Frau und berichtete ihr von meiner gerade gemachten Feststellung und dass wir mal das Altglas wegbringen sollten. Woraufhin sie mich anschaute und zu mir sagte: „Georg, der erste Schritt wäre es die Kiste ins Auto zu bringen. Dann hättest du schon viel geschafft.“ Also machte ich wieder kehrt, schnappte mir die Kiste und stellte sie in den Kofferraum unseres Autos. Dabei kam mir ein Gedanke, den ich gerne mit dir teilen möchte:

 

Der erste Schritt ist der schwerste, aber es ist der Schritt, der alles ins Rollen bringt.

 

Als die Kiste dann im Auto war, fand ich auch gleich eine Gelegenheit, bei der ich das Altglas entsorgen konnte. Gleichzeitig brachte mich diese Gelegenheit auch zum Nachdenken. Mir schossen Dinge durch den Kopf, die ich in der Vergangenheit unnötig lang vor mir hergeschoben hatte, weil ich den Aufwand scheute oder es mir schwer umzusetzen schien. Als ich sie dann jedoch anpackte und den ersten Schritt machte, war es doch alles halb so wild und sie gingen recht leicht von der Hand.

 

Ich glaube, dass ein Workout ein gutes Beispiel ist, das wir alle nachvollziehen können. Es brauch deutlich mehr Überwindung und Willenskraft sich zum Fitness Studio zu schleppen, als das eigentliche Workout zu machen. Wenn man sich dann jedoch umgezogen und die ersten Übungen absolviert hat, wird es immer leichter und leichter das Workout durchzuziehen.

 

Für mich als Ingenieur ergeben sich auch Parallelen zur Natur. In der Natur ist es z.B. so, dass man deutlich mehr Kraft braucht, um einen ruhenden Körper (z.B. ein Auto) in Bewegung zu versetzen. Wenn er jedoch erstmal in Bewegung ist, dann braucht es immer weniger Kraft, um diese Bewegung aufrecht zu erhalten.

 

Der erste Schritt ist also entscheidend, aber es ist die Beständigkeit, die uns den gewünschten Erfolg beschert. Oder wie es der ehemalige Football Coach & Präsident der Youngstown State University Jim Tressel ausdrückte:

 

„Das Maß der Exzellenz, der Test wahrer Größe ist Beständigkeit.“

 

Was Jim hier meint, ist die Tatsache, dass kleine Übungen, die man Tag für Tag macht, über kurz oder lang sicher zum Erfolg führen. Aber man muss eben auch anfangen.

 

Dieser Gedanke ist universell und lässt sich sowohl auf berufliche Dinge wie die Digitalisierung oder auch auf private Dinge wie die Pflege einer Beziehung übertragen.

 

Ich z.B. hatte mir vorgenommen heute diesen Beitrag zu schreiben. Bis auf den Aufhänger mit dem Altglas hatte ich mir nichts weiter dazu überlegt. Aber als ich dann mit dem Schreiben anfing, kam mir ein Gedanke nach dem anderen, so wie der von Ernest Newman:

 

„Ein großer Komponist setzt sich nicht an die Arbeit, weil er so inspiriert ist, sondern er wird durch seine Arbeit inspiriert.“

 

Das Verwegene an dieser Aussage ist, dass Ernest selbst Musikkritiker war. Und doch berichtet er von einer Beobachtung, die er bei den Leuten gemacht hat, deren Werke er „kritisierte“.