Neulich las ich ein Interview mit dem ehemaligen CEO des deutschen Chip-Herstellers Infineon, Reinhard Ploss (Capital, März 2022). Bei der Frage des Journalisten, wie man sich nach zehn Jahren im selben Sessel (CEO eines DAX-Konzerns) ein offenes Auge für Innovationen bewahrt, blieb ich interessiert hängen. Ich war gespannt auf die Antwort von Ploss.
Ob CEO oder nicht: Ich weiß aus persönlicher Erfahrung, dass man sich nur allzu schnell der Bequemlichkeit des Alltagsgeschäfts hingeben möchte. Nicht dass das Alltagsgeschäft nicht anspruchsvoll wäre, aber es ist eben etwas, das uns in der Regel bekannt ist. Der aktuelle Erfolg des Alltagsgeschäfts basiert auf Investitionen, die das Unternehmen in der Vergangenheit getätigt hat. Diese sind jedoch kein Garant dafür, dass es auch zukünftig gut für das Unternehmen laufen wird. Insbesondere in der schnelllebigen Chip-Branche darf man sich nicht auf den vergangenen Erfolgen ausruhen.
Wir Menschen sind von Natur aus träge, wenn es darum geht, aus unserer Komfortzone auszubrechen. Und erst recht, wenn wir das regelmäßig machen müssen. Veränderungen findet jeder irgendwie gut, wenn es jedoch darum geht, diese anzustoßen oder sich gar selbst zu verändern, tun sich die Meisten schwer damit.
Wie bewahrt man sich ein offenes Auge für Innovationen? Reinhard Ploss, ehemaliger Vorstandsvorsitzender von Infineon, setzt unter anderem auf Begeisterung und das richtige Team. (Bild: Infineon)
Genau in diese Kerbe schlägt Reinhard Ploss mit seiner Antwort: „Das Wichtigste ist, sich die jugendliche Begeisterung fürs Ausprobieren zu bewahren. Und sich mit Leuten zu umgeben, die einfach Dinge machen wollen.“ Dass dabei auch Fehler entstehen und nicht alles auf Anhieb klappt, ist Ploss klar. Doch wenn man in Sachen Digitalisierung nicht den Anschluss verlieren will, muss man ausprobieren und nach vorne schauen. Je mehr man ausprobiert, desto eher kommt auch etwas heraus, das wirklich erfolgversprechend ist.
Dieser Ansatz des Ausprobierens kommt übrigens nicht nur in der Chip-Branche und nicht erst seit gestern zum Einsatz. Mozart beispielsweise komponierte mehr als 600 Stücke, Beethoven über 650 und Bach sogar mehr als 1.000. Und doch sind uns nur einige wenige in Erinnerung geblieben, für die wir diese drei Komponisten weltweit schätzen und feiern. Albert Einstein veröffentlichte mehr als 240 wissenschaftliche Publikationen, wurde jedoch fast ausschließlich für seine Arbeit an der Relativitätstheorie bekannt. Und Thomas Alva Edison hielt insgesamt über 1.000 Patente, wurde jedoch nur für eine Handvoll von ihnen berühmt und finanziell außergewöhnlich entlohnt, darunter auch die Glühlampe.
Doch es sind nicht nur die großen Unternehmenslenker, Komponisten, Physiker und Erfinder, die von dem hier beschrieben Ansatz Gebrauch machen. Es sind auch die kleinen und mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmer, die das Gesetz der großen Zahlen erfolgreich anwenden.
So wie beispielsweise Klaudia Poggemann in Hannover. Sie betreibt dort seit 2018 ihren Kids Concept Store. Mit dem Förderprogramm Niedersachsen digital aufgeLaden verhalf sie ihrem Online-Shop zu mehr Sichtbarkeit im Internet und konnte damit online einen satten Zuwachs von 40 Prozent erzielen. Poggemanns Message an alle, die sich die Digitalisierung zu Nutze machen wollen lautet: „Einfach machen. Es hilft. Immer.“
Wer viel übt, bringt irgendwann auch mal etwas zustande. Das gilt beim Golf genauso wie bei der Digitalisierung. (Bild: HeungSoon/pixabay)
Abschließen möchte ich mit einer Anekdote über den Golfprofi Bernhard Langer. Während eines Turniers schlug Langer einen Ball so unglücklich in einen Baum, dass dieser darin stecken blieb. Das Turnier schien für ihn verloren zu sein. Langer überlegte jedoch nicht lange, kletterte auf den Baum, schlug den Ball heraus und gewann das Turnier am Ende. Auf die Anmerkung eines Journalisten, dass Langer doch ziemlich viel Glück gehabt habe, antwortete der Golfer: „Ja, das habe ich auch schon bemerkt, je mehr ich übe, desto mehr Glück habe ich.“
Je öfter wir unsere Komfortzone verlassen, desto vertrauter werden wir im Umgang mit dem Neuen. Deshalb verlasse ruhig regelmäßig Deine Komfortzone. Erhöhe Deine Schlagzahl in Bezug auf die Digitalisierung und ich bin mir sicher, dass früher oder später etwas dabei herauspurzeln wird, das von Erfolg gekrönt ist.
(Titelbild: Alexas_Fotos/pixabay)
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