Kennst Du das Gefühl, unglaublich aktiv zu sein und trotzdem irgendwie nichts zu bewegen? Ich hatte dieses Gefühl zuletzt kurz nach meinem Studium. Und zwar rutschte ich direkt nach meinem Abschluss in die Arbeitslosigkeit, und das für ein ganzes Jahr. Ich schrieb damals 50 Bewerbungen und bekam auf jede eine Absage. Selbst auf die wenigen, bei denen ich zum Bewerbungsgespräch eingeladen worden war. Ich war also unglaublich aktiv und dennoch stellte sich kein Ergebnis ein.
Die Situation frustrierte mich sehr. Zudem stellte sich mit jeder weiteren Absage ein Gefühl der Wertlosigkeit bei mir ein. Ich versank in Selbstmitleid und Selbstzweifel. Wir hatten es damals allein meiner Frau zu verdanken, dass wir finanziell über die Runden kamen.
Viele Bewerbungsgespräche führen und doch nur Absagen bekommen – da stellt sich irgendwann das Gefühl des Stillstands ein. (Bild: nappy/Pexels)
Anstatt einen Schritt zurück zu machen und meine Bewerbungsaktivitäten zu reflektieren, verfiel ich in einen noch größeren Aktivismus und bewarb mich auf noch mehr Stellen. Von denen ich jedoch wusste, dass ich sie gar nicht antreten wollte. Doch das war mir egal, denn ich war ja aktiv.
An dieser Stelle fällt mir ein Zitat von Albert Einstein ein: „Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“ Genau so war es bei mir. Heute bin ich davon überzeugt, dass ich bei den wenigen Bewerbungsgesprächen, die ich damals geführt habe, mit jeder Faser meines Körpers ausgestrahlt habe, dass ich im Grunde die Stelle gar nicht antreten möchte. Was von meinem jeweiligen Gegenüber nicht unbemerkt blieb. Ich wollte einfach aus der Arbeitslosigkeit heraus und irrte orientierungslos umher. Mir war es egal, was für eine Stelle es war und ob ich mit meiner Qualifikation sowie meinen Talenten und Neigungen dazu passte oder nicht. Ich war eben einfach nur aktiv.
Bei meinen Vorträgen benutze ich hierfür gerne das Bild eines Mannes, der in die Pedale eines Fahrradtrainers tritt und so versucht, auf der Straße voranzukommen. Was natürlich nicht funktioniert, da der Fahrradtrainer keine Räder, sondern Beine hat. In meinem Fall waren die 50 Bewerbungen von Anfang an zum Scheitern verurteilt und eine große Zeitverschwendung.
Solch ein Gefühl kann sich jedoch auch einstellen, wenn man in einem Beschäftigungsverhältnis ist. Man ist unglaublich aktiv, steckt tief im Tagesgeschäft und hat trotzdem das Gefühl, dass es nicht voran geht. Also wird man noch aktiver und wünscht sich noch mehr Zeit, da man die Dinge sonst nicht abgearbeitet kriegt. So wundert man sich vielleicht, warum es mit der Digitalisierung im eigenen Unternehmen nicht vorangeht. Das Problem ist jedoch nicht die zur Verfügung stehende Zeit, denn davon haben wir alle gleich viel, bezogen auf einen Tag. In der Regel fehlt uns etwas anderes, ganz entscheidendes.
Ich liebe Filme und gehe für mein Leben gern ins Kino. Die Atmosphäre eines großen Kinosaals mit seinen bequemen Sesseln und dem riesigen Popcorneimer in meinen Händen ist für mich nicht zu schlagen, wenn man einen Film schauen möchte.
Captain Jack Sparrow besaß einen magischen Kompass, der ihn immer zum Schatz führte. (Bild: Suzy Hazelwood/Pexels)
Einer meiner Lieblingsfilme ist “Fluch der Karibik” mit Johnny Depp in der Rolle des Captain Jack Sparrow. Ich mag die Figur des Captain Sparrow sehr, weil es den Anschein hat, als hätte er keinen Plan, dabei gleichzeitig unglaublich aktiv ist und jede Situation scheinbar spontan meistert. In Wahrheit hat Sparrow jedoch ein Geheimnis, das ihm bei der Navigation durch seine Abenteuer hilft: den Kompass.
Die Besonderheit dieses Kompasses besteht darin, dass er einem die exakte Richtung anzeigt, in der sich das Ziel befindet. Sparrow muss dann nur noch einen Schritt vor den nächsten setzen.
Entscheidend ist also nicht so sehr die Zeit, die wir zur Verfügung haben, sondern die Richtung, in die wir uns bewegen. Das gilt sowohl für einzelne Beschäftigte als auch für ein Unternehmen als Ganzes. Wir wissen, dass man heute alles Mögliche digitalisieren kann, doch wenn man ohne klare Richtung und Vision für sich selbst oder das Unternehmen an die Transformation herangeht, dann endet es in der Regel im aktiven Stillstand. Man macht mal hier, mal da was, hat kurzfristig ein gutes Gefühl, aber letztlich ist man einfach nur unglaublich aktiv, ohne richtig was zu bewegen.
Klare Vision erarbeiten oder aktiven Stillstand betreiben – wie ist das bei Ihnen? (Bild: StartupStockPhotos/pixabay)
Mein Coach sagte einmal zu mir: „Herr Redekop, wenn die Vision klar ist, fallen Entscheidungen leicht und die notwendigen Schritte ergeben sich fast von selbst. Sie müssen jedoch wissen, was Sie wollen.“
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, eine Vision zu erarbeiten. Die einzelnen Herangehensweisen würden den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Daher erstmal nur diese Frage an Dich: Zahlen Deine Aktivitäten auf eine klare Vision ein oder betreibst Du einfach nur aktiven Stillstand? Das ist der Anfang.
(Titelbild: Kaboompics.com/Pexels)
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