Katastrophen sind Chancen – Ich möchte Dir hierzu eine Geschichte aus meinem Leben erzählen: Ich nehme Dich mit zurück zu ein paar schicksalshaften Tagen meiner Vergangenheit. Zwei Monate nachdem ich meine sauerverdiente Ausbildung zum Elektroniker für Automatisierungstechnik angetreten hatte, setzte ich diese aufs Spiel. In meinem jugendlichen Leichtsinn beteiligte ich mich an einer Mobbing-Aktion gegen einen anderen Auszubildenden.
Wir setzten dem jungen Mann richtig zu, sodass er irgendwann nicht mehr weiterwusste und sich an unsere Ausbilder wandte. Eines Morgens erwartete uns dann die Personalchefin in unserem Unterrichtsraum und machte uns so richtig die Hölle heiß. Sie machte uns unmissverständlich klar, dass so etwas nicht geduldet werde und unsere Zukunft im Unternehmen auf Messers Schneide stehe.
Ich hatte damals das Gefühl, dass mein Leben zu Ende ist, wenn ich diesen Ausbildungsplatz verliere. Mir schwirrten Gedanken durch den Kopf wie: Wie erkläre ich das meiner Mutter? Was soll ich machen, wenn ich tatsächlich rausgeworfen werde? Wer nimmt mich dann noch? Und wie konnte es überhaupt so weit kommen?
Es gab dann auch eine Untersuchungsgruppe, die die Entscheidung traf, dass einer von uns das Unternehmen tatsächlich verlassen musste. Die anderen, zu denen auch ich gehörte, durften bleiben, weil sie ihre Tat zutiefst bereuten. Und wie wir sie bereuten.
Sozialstunden im Altenheim können die Sichtweise aufs Leben verändern. (Kampus Production/Pexels)
Gleichzeitig wurden wir zu jeweils 100 Sozialstunden in einem Altersheim unserer Wahl verdonnert. Und das völlig zu Recht. Der Zweck dieser Sozialstunden war es, dass wir an unserer Sozialkompetenz arbeiten sollten, indem wir Kontakt zu hilfsbedürftigen Menschen aufbauen und diese unterstützen. Rückblickend war diese Erfahrung eine der wertvollsten, die ich in meinem Leben bisher machen durfte.
Wenn Du Dich mit 80 und 90 Jahre alten Menschen unterhältst, dann kommst Du früher oder später an einen Punkt, an dem diesen Menschen Tränen über die Wangen laufen. Das ist der Punkt, an dem Dein Gegenüber Dir erzählt, was er oder sie alles im Leben bereut: Nie die Welt bereist zu haben, kein eigenes Unternehmen gegründet zu haben, nicht den Mut aufgebracht zu haben, sich für andere einzusetzen, zu wenig Zeit mit der Familie verbracht zu haben, sich mit den Liebsten verkracht zu haben.
Und gleichzeitig ist diesen Menschen klar, dass es mit 80 oder 90 Jahren bereits zu spät ist, um all diese Dinge wieder geradezubiegen. Sie sind krank, nicht mehr mobil, auf andere angewiesen, nicht mehr Herr über ihren Geist, haben keinen Kontakt mehr zu ihren Liebsten. Es ist einfach zu spät.
Ergreife jede Chance, die sich durch eine “Katastrophe” bietet. (Bild: aleksandrdavydovphotos/canva)
Warum erzähle ich Dir eine solch persönliche Geschichte? Durch diese “Katastrophe” gelangte ich zu drei Erkenntnissen, die mich seitdem begleiten und mir Kraft schenken:
- Das Leben gibt uns ständig Feedback (meine damalige Personalchefin). Die Frage ist, ob wir uns die Zeit nehmen, dieses Feedback wahrzunehmen.
- Das Leben ist zu kurz, um die wichtigen Dinge auf die lange Bank zu schieben (die 80/90jährigen).
- In jeder Katastrophe schlummert eine Chance. Ergreife sie, auch wenn Du Dich vielleicht noch nicht dazu bereit fühlst (meine Lebenserfahrung).
Ich ergriff damals meine Chance, zeigte, was in mir steckte, verkürzte meine Ausbildungszeit um ein halbes Jahr und nahm jede Prämie mit, die das Unternehmen für herausragende Leistungen zu bieten hatte. Ich setzte alles daran, dass diejenigen, die mir die zweite Chance geschenkt hatten, diese Entscheidung nicht bereuten und stolz auf mich sein konnten.
Und es gibt noch einen vierten Punkt, warum ich Dir das erzähle. Das Leben hat mir zurückgespiegelt, dass ich etwas Außergewöhnliches mache, indem ich meine ungeschützte Seite mit anderen offen teile. Es ist außergewöhnlich, weil es nicht gesellschaftlicher Konsens bei uns in Deutschland ist. Was ich jedoch dabei beobachte ist, dass ich dadurch anderen Menschen indirekt die Erlaubnis gebe, es mir gleich zu tun. Und das macht uns menschlich.
Der Erfinder Thomas Alva Edison hat sich auch von Rückschlägen und Katastrophen nicht unterkriegen lassen. (Bild: Pexels--2286921/pixabay)
Was das mit Digitalisierung zu tun hat? Nun, jedes Unternehmen kommt im Laufe seines Bestehens irgendwann an einen Punkt, an dem radikale Entscheidungen getroffen werden müssen. Diese Entscheidungen sind für den Fortbestand des Unternehmens und der Arbeitsplätze wichtig. Und dabei können uns diese vier Erkenntnisse behilflich sein:
- Das Leben gibt uns ständig Feedback: Die Digitalisierung ist gekommen, um zu bleiben. Ob uns das gefällt oder nicht. Unsere Aufgabe ist es, diese Entwicklung bewusst wahrzunehmen und das Beste aus ihr herauszuholen. Für uns und für unser Unternehmen.
- Das Leben ist zu kurz, um die wichtigen Dinge auf die lange Bank zu schieben: Wusstest Du, dass 89 Prozent der Führungskräfte bei der digitalen Transformation an ihre Grenzen stoßen? Das hat eine Studie der BWA Akademie zu Tage gefördert. Meines Erachtens sind die meisten zu sehr mit dem Tagesgeschäft beschäftigt und nehmen sich nicht ausreichend Zeit für die Zukunft.
- In jeder Katastrophe schlummert eine Chance: Als das Labor samt aller Aufzeichnungen des berühmten Erfinders Thomas Alva Edison durch ein Feuer vollständig zerstört wurde, betrachtete er es als eine glückliche Fügung, als eine Chance, wieder ganz von vorn anzufangen, es besser zu machen, ohne den alten Ballast. Eine Frage der Perspektive eben.
- Transparenz und Offenheit machen uns außergewöhnlich. Es macht uns außergewöhnlich, weil es sich kaum einer traut. Und Menschen folgen außergewöhnlichen Menschen. Hab also keine Angst davor, Deine Fehler offen darzulegen. Meine Erfahrung ist, dass man dadurch nur gewinnen kann: an Unterstützung, an Lösungen, an Ideen, an Menschlichkeit.
Ergreife die Chancen, die sich Dir in Bezug auf die Digitalisierung bieten. Transformiere Katastrophen, die Dich ereilen, in Chancen. Und sei außergewöhnlich.
(Titelbild: Pexels--2286921/pixabay)
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