Der Kollaps des Rentensystems

Rentenprobleme gibt es überall auf der Welt - doch insbesondere Deutschland steht als Mitglied der Industrienationen besonders schlecht da. Dabei kann es in Sachen Altersvorsorge einiges von den anderen Mitgliedern lernen

 

Die deutsche Ingenieurskunst ist in der ganzen Welt bekannt. Wenn es etwas gibt, um das uns das Ausland beneidet, dann ist es die Qualität der deutschen Produkte, insbesondere aus dem Automobil- und Maschinenbausektor. Doch es gibt auch einen Bereich, in dem uns das Ausland meilenweit voraus ist: die Altersvorsorge. Dabei ist Deutschland mit seinen Rentenproblemen nicht allein, alle Industrienationen haben mit einem immer stärker werdenden demographischen Wandel, weg von der jungen und hin zu einer immer älter werdenden Bevölkerung, zu kämpfen. Dazu kommen die niedrigen Geburtenraten, wodurch immer weniger arbeitsfähige Leute auf den Markt kommen. Wodurch immer weniger Berufstätige immer mehr Menschen im Ruhestand die Rente finanzieren müssen. Das stellt das aktuelle Rentensystem, das in Deutschland im Umlageverfahren - die Jungen finanzieren die Rente der Alten - funktioniert, vor neue Herausforderungen, die in naher Zukunft sowohl von der Politik als auch von der Wirtschaft und der Gesellschaft beherzt angegangen werden müssen. Denn ansonsten droht eine weitere Zuspitzung der Situation, die meiner Meinung nach in einem Kollaps des gesamten Rentensystems enden könnte.

 

Dabei ist es gar nicht ungewöhnlich, dass ein bestehendes System von Zeit zu Zeit überbedacht und bei Bedarf reformiert werden sollte. So wurde das deutsche Rentensystem zuletzt 2006 reformiert, indem das Renteneintrittsalter von 65 auf 67 Jahre angehoben wurde. Aber auch in den Jahren davor wurden weitreichende Reformierungen durchgeführt. So wurde z. B. 1968 das heutige Umlaufverfahren zur Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung eingeführt. 1968 war der Gedanke eines Umlaufverfahrens sicherlich gut. So lag die Geburtenrate 1968 noch bei 2,38 Kinder je Haushalt, wohingegen sie 2016 nur noch bei 1,50 lag. Allein die Betrachtung der Rückläufigen Geburtenraten in Kombination mit den steigenden Renteneintritten sowie der steigenden Lebenserwartung der deutschen Bevölkerung macht deutlich, dass ein Umlageverfahren vor allem zu Kosten der jungen Generation geht.

 

Ein Arbeitnehmer, der heute 27 Jahre alt ist und noch 40 Jahre arbeiten kann, um anschließend mit 67 in den wohlverdienten Ruhestand zu gehen - solange in der Zwischenzeit keine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters stattfindet - kann heute mit einer Rentenhöhe von 45 Prozent seines durchschnittlichen Monatslohns der kommenden 40 Jahre rechnen. In absoluten Zahlen: angenommen er oder sie verdient in den kommenden 40 Jahren ein durchschnittliches Monatseinkommen von 3.300 Euro, dann beträgt die monatliche Rente 1.485 Euro. Ich brauche nicht zu erwähnen, dass man einen Lebensstandard der zuvor bei 3.300 Euro lag nicht mit 1.485 Euro bestreiten kann. Und dabei habe ich noch nicht einmal die Auswirkungen der Inflation einbezogen. Bezieht man eine durchschnittliche Preissteigerung von zwei Prozent pro Jahr ein, dann ergibt sich eine Rentenlücke von gut 3.000 Euro. Was erschreckend ist. Ich bin davon überzeugt, dass es in finanzieller Hinsicht viele Deutsche zum Renteneintritt kalt erwischen wird.

 

Aus diesem Grund tut die deutsche Rentenversicherung auch gut daran, dass sie ihre gesetzlichen Mitglieder in ihrem jährlichen Schreiben immer und immer wieder darauf hinweist privat vorzusorgen. Es ist also kein bloßes Problem der Politik. Jeder einzelne kann und sollte für seine finanzielle Zukunft vorsorgen. Doch bevor ich dazu komme, was jeder einzelne tun kann, möchte ich kurz aufzeigen, was die Politik machen kann, um den Kollaps des Rentensystems zu vermeiden.

 

Die deutsche Politik sollte sich vom Ausland und insbesondere von Ländern wie USA, Schweiz, Niederlande, Frankreich oder Norwegen inspirieren lassen wie man sinnvolle Anreize und Systeme schaffen kann, die den finanziellen Wohlstand der Bürger garantieren können. Dabei hat es mir insbesondere der norwegische Staatsfond angetan. Die norwegische Staatsführung hat bei der Auflage des Fonds große Weitsicht bewiesen. Denn mit Hilfe dieses Finanz-Vehikels gelang es Norwegen den enormen Erdölreichtum des Landes in Wohlstand für die aktuellen und die nachfolgenden Generationen zu transformieren. Wobei der Staatsfond die Möglichkeit besitzt bis zu 70 Prozent der Geldmittel in Aktien zu investieren, wodurch sich nachweislich und über alle Anlageklassen hinweg langfristig die beste Rendite erzielen lässt.

 

Aber auch die anderen Länder setzen weit aus stärker auf die Aktie zum Vermögensaufbau, wodurch sie langfristig einen erheblichen Wohlstand für ihre Bürger schaffen. So werde ich es nie verstehen, warum wir Deutschen so stolz auf unsere weltweit beneidete Ingenieurskunst sind, jedoch gleichzeitig nicht bereit sind uns systematisch an eben dieser zu beteiligen.

 

In diesem Zusammenhang fällt mir ein Zitat von Warren Buffett, dem Star-Investor aus Omaha, ein: „Der Aktienmarkt ist ein Instrument, mit dessen Hilfe das Geld von den Ungeduldigen zu den Geduldigen transformiert wird.“ Die deutsche Politik tut gut daran diese Worte bei der nächsten Rentenreform zu berücksichtigen. Es geht nicht darum eine schnelle, kurzfristige Lösung für die kommenden Generationen zu schaffen, sondern eine kluge und nachhaltige.

 

Doch auch jeder einzelne sollte sich nicht allein auf die Lösung der Politik verlassen. Was können Sie nun tun:

 

  1. Finanzielle Bildung: Bildung eröffnet neue Möglichkeiten, die ggf. die ganze Zeit da waren, jedoch nicht gesehen wurden, weil einem das notwenige Wissen gefehlt hat. Bilden Sie sich deshalb weiter, um sich neue finanzielle Möglichkeiten zu erschließen.
  2. Kontensystem: installieren Sie ein Kontensystem, mit dessen Hilfe Sie jeden Monat einen festen, prozentualen Betrag Ihres Einkommens zurücklegen. Eröffnen Sie hierfür drei Konten: ein Spaßkonto, auf das Sie zurückgreifen, wenn Sie sich etwas ganz besonderes gönnen wollen. Ein Rücklagenkonto, auf das Sie zurückgreifen, wenn Sie eine neue Anschaffung machen müssen, wie z. B. eine Waschmaschine, ein Sofa etc. Und ein Investmentkonto, auf das Sie Geld überweisen, um es später zu investieren. Dadurch schaffen Sie sich ein System, dass sowohl Ihren finanziellen Wohlstand mehrt, als auch die anderen Wünsche berücksichtigt.
  3. Investieren: beteiligen Sie sich langfristig unteranderem an der deutschen Ingenieurskunst. Nutzen Sie hierfür kostengünstige Instrumente, wie z. B. ETFs (Exchange Traded Funds), um unnötige Kosten, wie z. B. die Managementgebühr, die Sie unter Umständen mehrere Jahre Rendite kosten kann, zu vermeiden. Übrigens: 90 Prozent der aktiven Fondsmanager schlagen ihren Vergleichsindex nicht. Wenn Sie ander Börse besser als diese 90 Prozent sein wollen, dann sind passive Instrumente, wie ETFs, Ihre erste Wahl. 

 

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